Wann hatte ich denn das letzte Mal über Projekt „Lederjacke“ geschrieben? Ist schon eine Weile her. Wenn ich ehrlich bin ist in der Zwischenzeit nicht ein Stich daran getan worden. Aber ich habe das Projekt immer wieder im Kopf hin und her bewegt. Ich möchte so eine Jacke auf jeden Fall noch haben, die ist ein ganz wichtiger Garderoben-Bestandteil für mich. Aber wenn ich ehrlich bin: Mit dem Umbau des Mantels wird das nichts. Das Material muss ziemlich doll gestückelt werden, und damit weicht die Optik zu sehr von meiner Vorstellung ab. Da bin ich unflexibel, denn diesmal will ich tatsächlich einen Klassiker nachbauen, kein eigenes Design.
Also hatte ich mich schließlich nach langem hin und her dazu entschieden nach einer tauglichen Jacke im Secondhandladen zu suchen, und das Selbernähen auf Eis gelegt. Das fühlt sich wie eine Niederlage an, auch wenn das vielleicht albern klingt. Aber mittlerweile hat mein kleines gewitztes Hirn mir die Sache etwas leichter gemacht und heimlich Alternativpläne für die Verwendung des Leders vorgestellt. Das macht es etwas weniger ärgerlich, dass Plan A nicht aufgegangen ist.
Es ist also offiziell: Ich nähe keine Lederjacke.
Plan B folgend war ich nun auch im Secondhandladen meines Vertrauens (immer noch: Kleidermarkt, Max-Brauer-Allee 174 in Hamburg, falls jemand sich fragt ;)). Und hier muss ich mal wieder ein Loblied auf diese Art des Shoppings anstimmen. Ich steh da total drauf. Wenn man Kleidung in einem „normalen“ Geschäft kauft, kann der Prozess des Aussuchens und Anprobierens mitunter recht nervig sein. Im Secondhand macht mir das so viel mehr Spaß. Das liegt nicht daran, dass ich dort eher etwas finde das mir passt und gefällt, sondern ist eine reine Einstellungssache, vermute ich. Denn man weiß nie was einen erwartet, und die wild zusammengewürfelte Auswahl fernab jeglicher aktueller Trends oder Marken macht den Einkauf zu einem echten Erlebnis. Immer wieder wird man herausgefordert seine modischen Grenzen neu auszuloten, die Fantasie zu bemühen und sich auf etwas zuerst merkwürdig, veraltet, schnarchlangweilig oder schräg anmutendes einzulassen. Ist das scheußlich oder cool? Kann ich das rocken? Man probiert sich quasi selber an jedem fraglichen Stück aus. Wirkt das 70er-Jahre Landhauskleid an mir lässig oder bieder? Bin ich der Typ für paillettenbesetzte Pullover? Mit welchen Schuhen entschärfe ich einen glitzernden Minirock? Das ist fast wie Fitnesstraining für das Stilgefühl. Und dazu noch die Zeit- und Modegeschichte die man gratis zu jedem Stück dazu bekommt. Vom guten Karma ganz zu schweigen.
Auftritt neuer Fotohintergrund! :D
Im Kleidermarkt sind Lederjacken normalerweise in großer Zahl und auch ziemlich günstig zu haben, aber das meiste davon sind entweder Motorradjacken (die sportliche Variante, oft bunt) oder stammt aus den tiefsten Achtzigern, sprich: Schulterpolster, Blouson, Fledermausärmel, Fransen. Nicht grundsätzlich verkehrt, aber eben keine klassische Moto. Diesmal war das Glück aber auf meiner Seite. Ich habe zwar nicht genau die Jacke gefunden die ich gesucht habe, aber einen guten Kompromiss. Und mal ehrlich, wenn man die Sachen noch umarbeitet macht es fast noch mehr Spaß. :)
Hier haben wir eine Art Kurzmantel im Moto-Stil, was immer das modisch bedeuten mag. Mir soll es egal sein, denn die Grundform stimmt. Außerdem ist das Leder genau richtig, ganz weich und nicht zu schwer, so hatte ich mir das vorgestellt. Im Gegensatz zu meinen anderen Lederjacken (beide Motorradbekleidung) die, wenn man sie hinten im Nacken hochhält nur ein Mal in der Mitte zusammenklappen und sonst ihre Form kaum verändern, fällt diese hier weich und kuschelig in sich zusammen, fast wie eine Wolljacke.
Auch Reißverschluss, Taschen, Kragen und Nahtlinien sind prinzipiell super. Die Ärmel sitzen sehr weit außen, das ist in diesem Fall ein Designmerkmal und kein Passformproblem, aber auf mich wirkt das zu lumpig und veraltet. Ich werde die Ärmel also versetzen und insgesamt etwas überarbeiten. Und dann die Gesamtlänge der Jacke natürlich. Wenn man sie an der waagerechten Teilungsnaht kürzt, kommen wir der klassischen Länge schon recht nah, mit einem zusätzlichen Bund kann man ggf noch ein paar Zentimeter dazugeben, wenn es nötig ist. Aus dem Material, das unten weg kommt kann man dann wunderbar diese ganzen Kleinigkeiten ergänzen, wie zum Beispiel Schulterklappen und vielleicht auch ein Gürtel (da gehörte mal einer dazu, Gürtelschlaufen sind nämlich vorhanden). Das Futter werde ich vermutlich komplett neu machen, das erscheint mir einfacher als daran rumzuflicken. Ich habe auch schon genau den richtigen Futterstoff dafür im Hinterkopf. :)
Das alles mag im Endeffekt nicht weniger Arbeit sein als die Jacke komplett selber zu nähen, das gebe ich zu. Aber dieser Weg erscheint mir deutlich erfolgversprechender als der bisherige. Also nähe ich vielleicht doch eine Lederjacke. Mehr oder weniger. ;)
Über den Hersteller, Shic Skinn, habe ich mal etwas gegoogelt, das ist eine tschechische Firma. Hier habe ich sogar wie es aussieht genau das Modell gefunden. Über den Preis (umgerechnet etwas über 100€) kann man nur staunen, zumal wenn man bedenkt, dass die im Secondhand ursprünglich 60€ kosten sollte. Weil sie aber drastisch reduziert war habe ich nur 21€ bezahlt. :)
Mit dem Auftrennen habe ich bereits begonnen, außerdem habe ich mal das Schnittmuster meiner Larissa-Jacke draufgelegt und überprüft inwieweit das übereinstimmt. Sieht ganz gut aus, vielleicht kann ich das als Vorlage für die Überarbeitung der Ärmel nehmen.
Eine Antwort auf „May the thrift store odds be ever in your favor“
[…] ich im Secondhandladen war, hatte ich ja neulich erzählt. Und auch, dass es ein guter Tag war. Und an einem guten Tag ist es kaum möglich, den […]