Ideen im Halbschlaf. Die erweisen sich oft bei Tageslicht betrachtet als nicht ganz so vielversprechend wie angenommen. Ab und an ist aber auch mal eine wirklich gute dabei. Wie diese hier: Neulich erwachte ich mit der Vorstellung eine Sporttasche zu nähen. Auslöser dafür war wohl meine Verabredung, mit Soda in Berlin zusammen laufen zu gehen. Um meine paar Klamotten von Hamburg rüber zu transportieren brauche ich eigentlich nicht direkt eine extra Tasche. Ein Jutebeutel würde völlig ausreichen. Aber die Idee war bereits da und hatte so viel Motivation mitgebracht, dass sie sich nicht mehr durch Logik verscheuchen ließ.
Wie die Tasche aussehen sollte hatte ich auch schnell festgelegt. Irgendwann in grauer Vorzeit als man mich von Rechts wegen noch zum Schulsport zwingen konnte, da hatte ich einen sogenannten Matchsack. Ich weiß nicht ob das überhaupt ein anerkannter Begriff ist oder nur so ein englisch-deutsches Wortungetüm aus den Achtzigern/Neunzigern. Jedenfalls bezeichnete es damals eine Art großen Turnbeutel mit rundem Boden unten und Zugband oben, den man sich über die Schulter hängen konnte. Und so sollte meine Tasche jetzt auch wieder werden. Nur schöner und ohne muffige Sporthallen-Assoziation.
Die Umsetzung gestaltete sich etwas schwierig, weil ich einen von diesen Tagen erwischt hatte wo ich mit keiner Idee wirklich zufrieden bin und jede Entscheidung sofort wieder anzweifle. Unzählige Materialkombinationen habe ich getestet und verworfen. Schließlich hat ein Lieblingsstoff die Sache gerettet. Diesen Musterstoff habe ich 2010 mal auf dem Maybachufermarkt geschenkt bekommen (ich wollte ihn eigentlich kaufen, aber weil es kein ganzer Meter mehr war hat der Händler mir das Reststück so dazugegeben). Ich hatte immer die Idee ihn mit einem dunkelblauen Leinen zu irgendeiner asiatisch inspirierten Klamotte zu kombinieren. Dazu ist es nicht gekommen und inzwischen sehe ich auch kein Kleidungsstück mehr darin. Aber für eine Tasche ist er perfekt. Und er hat sogar seinen gewünschten Kombipartner bekommen, das blaue Leinen.
Der Schnitt ist dann ziemlich simpel, ein Kreis für den Boden (hier habe ich meine Sportschuhe ausgemessen um die Größe festzulegen) und ein Rechteck rundherum. Ich habe das ganze mit ein paar Trägern und einem gesteppten Bodenbereich noch etwas verfeinert. Die Steppungen geben etwas Struktur und Stabilität, das ist ganz sinnvoll und sie sieht auch schön aus.
Obwohl die Tasche gar nicht so groß ist, hat sie ziemlich viel Material verschlungen. Zum Stabilisieren und für das plastische Auspolstern der gesteppten Bereiche ist eine ganze Menge an Stoffresten draufgegangen. Das ist gut, so kommen die vielen halben Meter die sich hier angesammelt haben mal zum Einsatz.
Ich mag, dass kein Gurtband und keine Plastikschnallen dran sind, keine Reißverschlüsse und kein Nylon. Nichts was man an einer klassischen Sporttasche erwarten würde. Nur für Sportsachen ist mir die Tasche jetzt eigentlich auch fast zu schade, sie wird also sicher auch zu anderen Gelegenheiten Verwendung finden.
8 Antworten auf „Der schönste Turnbeutel“
Der Beutel ist klasse! Er sieht wirklich nach Turnbeutel in edel aus, also würde ich sagen, du hast dein Ziel erreicht.
Das Wort Matchsack kannte ich auch noch in den Neunzigern, aber ich habe auch keine Ahnung, wo es herkommt.
Die Absteppungen sind sooo schön. Und das Goldgelb. Das Endergebnis natürlich auch. Das Wort Matchsack kenne ich auch noch, bin aber ebenso ahnungslos, was den Ursprung angeht.
Ach ja, Matchsäcke, da erinnere ich mich auch noch dran.
Der Turnbeutel ist sehr schön geworden! Ich mag diese Nylon-Gurtband-Plastik-Sportaschen mag ich auch nicht so gerne; vielleicht sollte ich mir auch mal eine schönere nähen.
Ich hatte selbst einen Matchsack… in schwarz und (natürlich) von Bennetton
Ich habe ja ein ausgiebiges Trauma vom Sportunterricht davongetragen und zucke deswegen immer noch zusammen, wenn ich das Wort irgendwo lese. Aber glücklicherweise hab ich den Tab nicht reflexartig geschlossen, sonst wäre mir dieses tolle Stück entgangen. Ich mag, wie du wieder mal den Boden, den man tendenziell am seltensten sieht, mit dem Steppmuster verziert hast. Eigentlich mag ich auch alles andere an diesem Matchsack (was für ein Wort), aber die Dreieckssteppung ist das beste.
LG, Sabrina aka Noctua
Genial. Und genial schön.
Schönes und praktisches Teil! Die Steppung macht wirklich was her. Aber am besten finde ich das helle Futter: es ist doch die Pest, wenn eine große Tasche – am besten noch ohne Unterteilungen – schwarz gefüttert ist, wie man es so häufig sehen kann. Dann verschwinden Kleinigkeiten in den Tiefen / im Nirwana und kommen nur per Zufall wieder ans Tageslicht…
Wirklich ein wunderschöner Turnbeutel! Tolle Stoffkombi und wundervolle Steppmuster :)
Ich hatte immer nur so olle bunte Plastikbeutel.