Auf den Einsatz dieses Titels habe ich länger hingefiebert als man glaubt. ;)
Hat ja eine Weile gedauert… und so ganz sicher bin ich mir trotzdem noch nicht ob die Anleitung kapierbar ist. Aber hier ist er schließlich: Hemdrock 2 – der mit den Elefanten :D Und dazu auch gleich die Anleitung, auch wenn das einen ziemlichen Mörderpost ergibt.
Wie macht man also diesen Rock? Sieht einfach aus, hat aber ein paar Tücken.
Material:
Zuerst brauchen wir wieder ein Hemd. Das muss in diesem Fall natürlich langärmlig sein, klar. Dann brauchen wir noch ein einfaches Schnittmuster für einen kurzen Rock, das wir aus Grundlage verwenden. Ihr könnt eins nehmen was ihr erprobt habt, den Minirockschnitt von Burda runterladen oder euch nach Lilianas Anleitung einen Schnitt für eure Maße erstellen. Wichtig ist, dass der Schnitt aus nur einem Vorder- und einem Rückenteil besteht und keinen extra Bund hat, denn den erstellen wir später aus dem Schnitt.
Das war mein Hemd, vorher. Man erkennt einen zu dem Muster passenden 70er-Jahre Kragen. Und es ist nur Größe M (was mir ein paar Probleme beschert hat) insofern hat Mneme vielleicht sogar Recht mit dem vermuteten „superhageren Mann mit richtig breit auslaufenden Schlaghosen“ :D
Schritt 1:
Der spätere Rock wird maximal 40/45cm lang werden, länger nicht weil die Ärmel nicht mehr Weite dafür hergeben (es sei denn ihr habt ein sehr großes Hemd mit sehr weiten Ärmeln). Trotzdem schneiden wir die Ärmel noch nicht auf dieser Länge ab sondern großzügig, wenn nicht sogar direkt an der Ärmelnaht. Den Saum kürzen wir dann später. Es kann bei gemusterten Stoffen durchaus mal vorkommen, dass das Muster auf beiden Ärmeln verschieden hoch angesetzt ist und das lässt sich nur korrigieren wenn man genug Länge zur Verfügung hat (dazu im nächsten Punkt mehr).
Schritt 2:
Dann schneiden wir an den Ärmelstücken die Naht auf. Dazu muss man die Manschette durchschneiden, das ist richtig. Deswegen braucht man hier auch nicht vorsichtig zu trennen sondern kann die Naht knapp abschneiden. Im Zweifel schneidet auf der längeren Seite der Manschette, die kürzere Seite braucht eher Zugaben. Man erhält zwei Stoffstücke mit Manschettenteilen dran. Jetzt sieht man auch ob das Muster übereinstimmt. Wenn ja, toll, dann könnt ihr die Länge schon grob zurechtkürzen.
Wenn nicht, dann kann man das wie folgt korrigieren: Trennt auf einer Seite zerstörungsfrei beide Manschettenteile und den Besatz des Schlitzes (oder Belegstreifen oder ähnliches) ab. Merkt euch dabei genau wie der Schlitz gearbeitet ist, das muss gleich wieder angenäht werden! Schneidet die jetzt offenen Oberkante des Ärmels so zurecht, dass das Muster mit dem anderen Ärmel zusammenpasst. Verlängert den Schlitz entsprechend und verarbeitet ihn mit dem abgetrennten Besatz wie vorher. Näht dann den kurzen Teil der Manschette wieder an (Stoff dazwischen schieben und zunähen sollte reichen, je nach dem wie viel Schaden ihr beim Abtrrennen angerichtet habt). Es ist hier sinnvoll kurz mal zu Schritt 4 zu springen und den Exkurs über Schlitzbelege anzusehen, nur für den Fall dass ihr sowas machen wollt.
Dann können die Teile auf etwa die spätere Länge gekürzt werden.
Schritt 3:
Jetzt kommt der Schnitt ins Spiel. Aus dem Vorderteil erstellen wir jetzt einen Schnitt für das Bundmittelteil. Das geht so: Wir messen die Höhe der Manschetten aus (üblicherweise so um die 5/6cm). Das ist die Höhe des Bunds. Nehmt das Vorderteil eures Schnitts und klebt die Abnäher zu, die brauchen wir gerade mal nicht. Dann zeichnet ihr eine Linie mit dem Abstand der eben ausgemessenen Bundhöhe entlang der Oberkante. Dort schneidet ihr den Schnitt durch. Jetzt haben wir einen Bund und ein Rockteil. Das Rockteil kann weg, das brauchen wir nicht mehr. Auf den Bund kommt es an.
Den Bundschnitt legen wir jetzt so auf die (zugeknöpfte!) Manschette, dass die Seitennaht des Schnitts an der Kante des kurzen Manschettenstücks liegt. (Wenn dabei die Mitte des Schnitts über das andere Manschettenende hinausragt verzweifelt nicht, ein wenig Weite kann man noch rausholen indem man die Falten die in den meisten Ärmeln eingearbeitet sind rauslässt. Dazu weiter unten.) An der Seitenkante müssen wir etwas Nahtzugabe einplanen, also lasst ein wenig Abstand zur Stoffkante. Dann markiert ihr zwei Stellen: Auf den Schnitt, wo das längere Manschettenteil beginnt oder etwas daneben Richtung Seite, dann überlappen die Teile später mehr (siehe linker Pfeil auf der Zeichnung unten links). Und auf dem Ärmel markiert ihr wo der Stoffbruch (die Mitte) des Schnitts anstößt (rechter Pfeil). Den Schnitt schneiden wir an der ersten Markierung wieder durch, so dass wir ein längeres und ein kürzeres Schnitteil haben. Das kürze kommt weg. Das längere ist der Schnitt für das neue Bundmittelteil. Wer will kann die äußere obere Ecke noch etwas abrunden, das sieht hübsch aus und passt zu den meist auch abgerundeten Manschetten ganz gut. Man kann es auch spitz zuschneiden oder einfach eckig lassen.
Schritt 4:
Die längeren Teile der Manschetten trennen wir jetzt ab, die brauchen wir auch nicht mehr. Übertragt vorher die Markierung für die Mitte auf den Ärmel! An dieser Stelle nähen wir nämlich jetzt die beiden Ärmelteile zusammen. Versucht diese Naht möglichst unauffällig zu gestalten, wenn ihr Karomuster verwendet achtet darauf, dass die Linien nicht unterbrochen werden. Nahtzugaben versäubern, zu einer Seite umfalten und ggf noch mal von außen absteppen. Die in Falten gelegte Mehrweite könnt ihr jetzt rauslassen (falls die Weite sonst nicht reicht) oder die Falten drinlassen und provisorisch zuheften.
Wer ein Hemd ohne Schlitzbesatz hat kann jetzt einen improvisieren. Das ist hübscher und macht sich später mit den Knopflöchern besser.
—[ Exkurs Schlitzbesatz ]————
Mein zweites Hemd hatte keinen Besatz am Schlitz sondern nur Einfassband. Zum Vergleich:
Wie improvisiert man sowas? Gar nicht so kompliziert.
Messt erst mal die Länge des Schlitzes (ohne Manschette) aus, die brauchen wir später noch. Bei mir waren das 10 cm.
Dann trennt ihr das Einfassband an der oberen Seite ab (die Seite die „oben“ auf der anderen liegt wenn der Schlitz geschlossen ist, das ist auch die Seite an der wir gerade die Manschette abgetrennt haben). Das Band nur bis zum „Knick“ abtrennen, auf der anderen Seite brauchen wir das noch! (Siehe schwarze Markierung)
Der ergibt dann folgendes:
Aus einem Reststück (oder der abgetrennten Manschette) schneidet man dann einen Besatz zu. Zu den Maßen auf der Zeichnung kommen noch überall Nahtzugaben. Eine Hälfte wird mit Einlage verstärkt, an der Mittellinie wird der Besatz gefaltet und alle Kanten (bis auf die obere) werden nach innen umgebügelt. Das sieht dann so aus wie links.
Den Besatz legt ihr so um die offene Kante, dass das untere Ende des Schlitzes komplett vom Besatz umschlossen wird. Die blaue Linie in der Zeichnung zeigt die Lage der Kanten im Besatz an, zur Verdeutlichung. Wenn ihr den Besatz positioniert habt wird er erst mit Stecknadeln fixiert und dann festgeheftet, das macht da Annähen einfacher und verhindert ein Verrutschen. Zum Annähen folgt ihr der schwarzen Markierung, einmal entlang der Kante nach unten, unten um die schrägen Kanten herum und in etwa 2 cm Abstand nochmal quer. Damit ist der Schlitz unten zugenäht, es kann nichts mehr ausfransen und ihr habt genug Platz für Knopflöcher.
So sieht der fertige Schlitz dann von innen und außen aus:
Der Schlitzbesatz macht das Mittelteil unter Umständen minimal breiter (je nach dem wie ihr mit der Nahtzugabe umgeht), also messt lieber noch mal nach und korrigiert euren Schnitt für das Bundmittelteil entsprechend. Dadurch, dass der Bund überlappt kann man das später mit der Positionierung der Knopflöcher gut augleichen.
Ich gebe auch zu, das ist etwas fummelig, insofern empfehle ich Nähanfängern auf jeden Fall, lieber die originale Verarbeitung beizubehalten.
—[ Exkurs Ende ]——————–
Mit den Schnitt für das Bundmittelteil schneiden wir dann zwei identische Teile zu (achtet auf den Stoffbruch). Dafür kann man die Vorderteile des Hemds verwenden. Wenn das Hemd nicht genug Stoff hergibt kann man das Teil für innen auch aus einem anderen Stoff zuschneiden (ein glatter Baumwollstoff bietet sich an). Schön sieht es aus wenn man den Stoff schräg (45°) verwendet, gerade Karos und Linien wirken dann später nicht so „schief“. Aber ihr könnt auch mit dem Fadenlauf zuschneiden. Eins der beiden Teile (das innere) wird mit Bügeleinlage verstärkt, damit der neue Bund genauso stabil ist wie die Manschetten. Trick: Bei der Einlage die Nahtzugabe an der Unterkante abschneiden, so hat man später eine gute Markierung wo der Stoff umgeschlagen werden muss.
Schritt 5:
Das Bundteil ohne Einlage nähen wir jetzt rechts auf rechts auf den Rockteil (schwarze Linie). Dabei die jeweiligen Mitten aufeinander passen.
Nahtzugabe kurz schneiden, versäubern und Richtung Bund bügeln/falten.
Dann nehmen wir das Teil mit Einlage und nähen es rechts auf rechts auf das andere Bundteil, dabei aufpassen, dass wirklich nur die Bundteile zusammengenäht werden und die Naht genau an der Naht Bund/Rock beginnt und endet (siehe Pfeil)! Nahtzugaben kürzen, ggf an den Ecken ein- oder abschneiden und den Bund wenden.
Auf der Innenseite die Nahtzugabe an der Unterkante nach innen umfalten (jetzt kann man sich gut an der Kante der Einlage orientieren). Diese Kante wird von außen im Nahtschatten abgesteppt, dazu zuerst mal heften (das ist eine der wenigen Stellen an denen man ohne Heften wirklich nicht auskommt, also macht es bitte). Dabei kann man die Kante gut so zurechtzupfen, dass sie wirklich nur eine Winzigkeit über der Naht herausragt.
Dann von außen in der Kerbe der Naht entlangnähen, so ist die Naht kaum zu sehen und die untere Kante ist gesichert. Danach das ganze Bundmittelteil entlang der Kante mit etwa 7mm Abstand absteppen.
Die kurzen seitlichen Bundteile werden vermutlich von Hause aus ähnlich abgesteppt sein. Da wir diese Nähte aber später sowieso noch mal machen entfernt ihr jetzt diese Ziernähte auf den kurzen Teilen. Passt auf, dass die Manschetten dabei nicht abgehen, je nach dem wie aufwändig das Hemd genäht ist kann das passieren. Wenn sie abgehen, trennt sie komplett ab und auf und näht sie wie eben beschrieben wieder an (nur ohne sie zum Schluss von außen abzusteppen).
Schritt 6:
Die Rückseite ist einfacher. Wieder nehmen wir das Schnittmuster, diesmal das für die Rückseite natürlich. Die Abnäher werden wieder zugeklebt und wir zeichnen wieder wie gehabt eine Linie mit dem Abstand entsprechend der Bundhöhe entlang der Oberkante. Abschneiden, das ist der Bund. Diesmal heben wir aber das Rockteil auch auf. Dort die Abnäher (oder was von ihnen übrig ist) wieder öffnen.
Den Bund schneiden wir wieder zwei mal (vorzugsweise schräg) zu und den Rock ein mal (nicht schräg). Das kriegt ihr aus dem Hemdrücken und dem zweiten Vorderteil. Beim Rock könnt ihr schon mal die Abnäher schließen.
Der Bund wird ähnlich wie vorne gearbeitet, aber mit einem Trick. Zuerst nur das äußere Bundteil annähen. Dann Vorder- und Rückenteil zusammennähen. Denkt daran, die Seiten abzuschrägen wenn der Rock nach unten hin etwas ausgestellt sein soll. Dann wird das innere Bundteil angenäht, achtet aber hier darauf, dass die Naht genau an der Seitennaht beginnt und endet (siehe Pfeil).
Nach innen umfalten und die Kanten eingeschlagen feststecken und heften. Die Unterkante wieder wie oben knapp neben der Naht.
Dann wird von außen die Unterkante wieder im Nahtschatten festgenäht. Wieder genau an den Seitennähten beginnen und enden. Die kurzen Kanten werden innen von Hand auf den seitlichen Bundteilen festgenäht.
Danach das gesamte Bundteil (inklusive kurze seitliche Teile) rundherum von außen absteppen (wieder etwa 7mm Abstand zur Kante). Jetzt können in einer Anprobe die Positionen für die Knopflöcher auf dem mittleren Bundteil vorne und an den Schlitzen festgelegt werden. Im Zweifel lieber etwas zu weit überlappen lassen! Knopflöcher nähen, Knöpfe annähen bzw vorhandene ggf abtrennen und neu positionieren.
Dann braucht der Rock nur noch einen Saum (doppelt umschlagen) und ist fertig! Ich habe zusätzlich noch eine Tasche vom Hemd abgetrennt und hinten auf den Rock genäht. Außerdem habe meine Seitennähte unten Schlitze (zum Ausgleich, weil das Hemd nicht genug Weite hergegeben hat um den Rock ausgestellt zu machen).
(*tierfilmstimme* Fast unbemerkt tarnt sich unter den Elefanten eine wildlebende Tasche. :D)
Abschließend noch ein paar Dinge auf die man achten sollte, wenn man sich aufmacht extra ein Hemd zu kaufen:
- Es muss lange Ärmel haben (D’Oh!)
- Herrengröße M wird schon knapp, L ist besser (Damenblusen sind entsprechend nicht so geeignet)
- Es gibt eine ganze Menge verschiedene Manschettentypen, also sollte man auf Tauglichkeit achten (stabil, breit genug, nicht zu breit)
- Besser ist ein Schlitz mit Besatz und nicht nur mit Schrägbandeinfassung (lässt sich aber nachbearbeiten, wie oben erklärt)
- Knöpfe besser als Druckknöpfe weil man die einfach versetzen kann
- Muster- oder Stoff-Effekte wie zB verschiedene Stoffe an Ärmel und Manschette oder extra gefütterte Manschetten gilt es eher zu vermeiden (wenn es nicht extra gewünscht wird)
- Flanell, Cord oder Jeans geht gut, zu durchsichtige Hemdenstoffe brauchen einen extra Unterrock weil ein Futter hier ziemlich aufwändig wäre
- Bei Karo sollte man gezielt auf gerades Muster achten (keine Selbstverständlichkeit, wie ich gemerkt habe)
4 Antworten auf „Second Hemd“
Uh, du hattest Recht, das Muster ist echt übel. Das ist ja schon fast für den Rock zuviel.. herrje, in was für einer Welt leben wir, dass es für solche Hemden einen Markt gibt? (Und jetzt sag nicht, in einer kunterbunten kreativen DIY-Welt, in der aus Hemden Röcke und Tuniken gemacht werden)
Ich werde wahrscheinlich nicht in Versuchung geraten, die Anleitung nachzuarbeiten, aber Respekt für die Mühe. Einige Sachen hab ich beim ersten Durchlesen nicht ganz verstanden, vielleicht liegt das aber auch daran, dass ich kein (halb aufgetrenntes) Hemd als Anschauungsmaterial da habe. Manchmal sieht man die Sachen ja erst richtig, wenn man es vor sich liegen hat.
was für eine großartige Idee und was für ne verständliche Anleitung!
Danke, ich bin sicher, das leg ich gewinnbringend im nächsten Hemd an, das mir über den Weg läuft ;)
Hut ab vor der tollen Anleitung und der noch tolligeren Idee ^^
Hallo!
Leider passt das jetzt nicht zu deiner Anleitung. Sorry
Ich habe gerade was entdeckt. http://ayumills.blogspot.com/2008/09/tutorial-reversible-patchwork-bag.html
Dort gibt es ein flicker-widget, ist das ne Möglichkeit für dein Foto-Lotto?
Nur so ne Idee…
Immer schön weiter machen! :-)
LG Viola
uuih, coole Sache :-) [und die Elefanten sind stylisch :-D ]
Jetzt muss ich nur noch ein günstiges und toll-gemustertes Männerhemd finden *kicher*