Kann man das glauben, ich hatte in meinem ganzen Leben noch nie eine Jeansjacke?! Dabei ist das so ein Klassiker. Jetzt soll sich das endlich ändern, ich nähe mir eine.
Den Schnitt erstelle ich selber und möchte euch diesmal ein wenig mit auf die Reise nehmen. Nicht im letzten Detail, das wird sonst wohl zu technisch und zu speziell. Aber ein bisschen gehen wir mal rein in die Konstruktion. Das wird also vielleicht eher was für Freunde der Theorie.
Der erste Schritt in so einem Projekt ist für mich immer die Recherche. Ich schaue mir also ähnliche Modelle in Onlineshops an, gucke was für Schnittmuster angeboten werden und sammle ganz generell ein paar Ideen zusammen. Bei manchen Kleidungsstücken gibt es interessante historische Hintergründe zu entdecken. Bei Klassikern wie der Jeansjacke ist auf jeden Fall noch wichtig, welche Details für den Look essentiell sind.
Meine Jacke soll zwar alle Merkmale einer klassischen Jeansjacke haben, aber deutlich Oversize sein. So dass sie knapp unter dem Po endet und die Ärmel bis auf den Handrücken reichen und aufgekrempelt werden können. Ich mag den schluff-lässigen Style, gerade zu schmalen Hosen. Und man kann einen Pulli drunter tragen wenn es kühler ist, was die Jacke vielseitiger einsetzbar macht. Immer gut.
Zum Erstellen des Schnitts orientiere ich mich an einer Anleitung aus dem Rundschau Heft 04/2019. Dort ist erklärt wie man vier verschiedene Jeansjackenmodelle entwickelt.
Die Schnitte erstelle ich übrigens alle digital (in Inkscape). Das ist für mich deutlich praktischer und macht mehr Spaß als mit großen Papierbögen und Linealen auf dem Boden herum zu turnen (habe keinen großen Tisch). Kopien und Änderungen sind schneller und einfacher zu machen und ich spare Papier, weil ich nur die letzte Version eines Schnittes ausdrucken muss.
Startpunkt für alle Modelle ist ein passender Oberteil-Grundschnitt (den hatte ich schon vorbereitet), der dann nach Angaben aus dem Heft ergänzt wird. Ich kombiniere dabei Elemente der Modelle „Klassische Jeansjacke“ und „Weite Jeansjacke“. Von letzterer z.B. die überschnittenen Schultern und tieferen Armausschnitte.
Exkurs: Oversize
Warum nähe ich nicht eine klassische Jeansjacke einfach ein paar Nummern zu groß? Braucht es extra einen Schnitt für eine „Oversize“ Version und wo sind die Unterschiede?
Berechtigte Frage!
Ich denke es spricht generell nichts dagegen, einen Schnitt bewusst „zu groß“ zu nähen um einen bestimmten Look zu erzielen. Die Jacke wird dadurch weiter und länger, die Schulternaht rutscht etwas auf den Oberarm, die Ärmel reichen bis auf den Handrücken. Das sind alles Elemente die ich auch für mein Modell möchte. Wenn ich den Schnitt aber individuell anpasse habe ich die Möglichkeit, viel gezielter die Proportionen zu steuern. Wie weit ist die Jacke, im Verhältnis zur Länge? Möchte ich die Ärmel nur länger oder auch weiter haben? Soll der Halsausschnitt oder Kragen „mitwachsen“?
Ein weiterer wichtiger Punkt ist hier auch die Schulter. Die klassische Jeansjacke hat einen eher schmalen Ärmel mit hoher Ärmelkugel, die Schulter ist also recht deutlich definiert. Rutscht sie weiter nach außen, auf den Oberarm, kann das blöd aussehen (stellt euch ein zu großes Jackett vor, da ist der Effekt noch krasser). Ich möchte also einen möglichst weichen Übergang von Schulter zu Ärmel. Deswegen ziehe ich die Schulter im Schnitt schon etwas nach außen und flache die Ärmelkugel ab. So hat man später den selben Effekt („zu groß“), nur ohne Stolperstellen.
Eine erste Version des Schnitt habe ich ausgedruckt um ihn zur Probe zu nähen. V1 fehlen noch einige Details wie z.B. Taschen, da es mir erst mal nur um die Passform insgesamt geht. Ich habe deswegen auch die senkrechten Teilungsnähte im Vorder- bzw. Rückenteil nur aufgemalt und schneide beide als ein Stück (mit Abnähern) zu.
Das Probeteil V1. Damit verlasse ich euch für heute. Beim nächsten Mal sehen wir uns das genauer an.
2 Antworten auf „More room for activities“
Bin sehr gespannt wie es weitergeht :)
Das klingt nach einem sehr spannenden Projekt. Ich finde die detaillierte Beschreibung der Überlegungen und Vorgehensweise sehr spannend, auch wenn es meilenweit weg davin ist, was ich umsetzen könnte.